Blick in die Kirche, 1995 aufgenommen von Frau Behling.
Man beachte die erkennbaren Nässeschäden.
Die Pantlitzer Kirche, die jüngste unserer vier Kirchen, ist im Jahre 1972 aufgegeben worden. Das heißt, daß ihre kirchliche Nutzung beendet wurde, es wurden die wieder verwendbaren Teile der Inneneinrichtung entfernt und Erhaltung und Pflege der Kirche eingestellt. Näheres zu den Umständen ist in unserem ausführlichen Bericht zur Geschichte des Ortes und des Bauwerks zu finden.
Seit 1990 läuft die Wieder-Instandsetzung der Kirche, zunächst des Daches, später des Kircheninneren. Die Kirche wird seit ... wieder genutzt. Heute sind es nur noch die Patronatsbauten, die der Instandsetzung bedürfen. Da diese sich außerhalb der Kirche befinden und sie mit dem Fortfall der Patronatsemporen im Kircheninneren ihre Funktion verloren haben, - sie dienten lediglich dem Zugang zu diesen Emporen - müssen sie entweder komplett entfernt oder nach Reparatur einer neuen Nutzung zugeführt werden.
Das folgende Gutachten, das wir hiermit innerhalb und gerne auch außerhalb der Gemeinde zur Diskussion stellen, erörtet die Instandsetzungs- und Nutzungsmöglichkeiten. Der Autor ist BTBA Elmar Bodet Stralsund, das Datum der Fertigstellung der 06.09.2002.
Wem unten die Bilder des Gutachtens zu unscharf sind, der komme bitte zu uns und mache sich selbst ein Bild!
von BTBA Elmar Bodet Stralsund, 06.02.2002
Im Auftrag von Herrn Pfarrer Hirte wurde in der 35. und 36. KW der o. g. Gebäudeteil untersucht, aufgemessen und geplant.
Das Nivellement ergab eine Setzung der südöstlichen Gebäudeecke um etwa 6cm, vorausgesetzt, daß der Sockel einst in einer Ebene lag. Die beiden äußeren Gebäudemauern waren mit einer Viertel Ziegel tiefen Verzahnung an die Stützpfeiler der Kirchen-Südmauer angeschlossen. Beide Anschlüsse haben sich von oben nach unten keilförmig geöffnet. Dabei dürfte es sich um ältere Bewegungsfugen handeln, weil ostseitig innen Reste einer Auszwickung und Vermörtelung der Fuge erkennbar sind.
Weitere Risse sind in der Schaufassade vorhanden und lassen auf ein Auseinanderdriften im oberen Bereich schließen. Die Westmauer steht genau senkrecht, die Mittelmauer hat eine Neigung von etwa 0,5o nach Osten, die Ostmauer eine Neigung von etwa l0 nach Osten. Die Fassade ist um etwa 0,7o nach Süden geneigt.
Bei den rund 40cm dicken Mauern sind diese Neigungen als unkritisch zu betrachten.
Ob weitere Setzungen stattfinden, sollte mittels Feinnivellement überprüft werden.
Auffällig ist, daß die Sockelverblendung aus 24 bis 28cm dicken Granitquader auf einem Ziegelfundament steht und dieses insbesondere an der Südost-Ecke aus dem Boden ragt. Die Geländehöhe am Gebäude war dem zufolge höher angelegt. Das Ziegelfundament weist Beschädigungen auf. Zur Sicherung der Fundamente sollten diese mit einer Vertikalsperre versehen werden (ggf. gesamte Kirche).
Die beiden Satteldächer des Gebäudes sind abgängig, allein die Firstpfetten (wir Nichtfachleute würden statt "Pfetten" etwa Hauptbalken sagen, genauer sind es parallel zum First laufende Balken, auf denen die Sparren ruhen.) hängen noch zwischen Kirchenmauer und Staffelgiebeln. Der einstige Innenputz ist nur in Resten vorhanden. Die Mauerkronen der Traufen und der Mittelwand sind lose und an den Außenwänden um wenigstens drei Ziegelschichten verfallen. Es sind Schäden an dem Ziegel-Sichtmauerwerk der Außenseiten vorhanden, Formziegel sind gebrochen, die Verfugung teilweise tief ausgewittert. Wegen der vorhandenen Einsturzgefahr ist das Gebäude vom Friedhof abgesperrt. Wenn keine Sicherung erfolgt, werden sich die Schäden vergrößern, mittelfristig ist mit dem Verlust des Gebäudeteils zu rechnen.
Die Kirche Pantlitz wurde an Stelle einer zuvor errichteten Fachwerkkirche erbaut. Die Entscheidung zum Neubau fiel 1858. Die beiden adeligen Patrone starben in kurzer Folge 1862 und 1865. Von den Witwen wurde der Bau nach Entwurf des Stralsunder Stadtbaumeisters Ernst von Haselberg 1867/68 finanziert. Die Einweihung erfolgte im Mai 1869. Der südseitige Anbau diente für Treppenhäuser der beiden Adelsfamilien von Mecklenburg und von Stumpfeld-Lilienacker zu deren Empore auf der Südseite des Kirchenschiffes.
Der Entwurf ist durch den Gotik-Kenner von Haselberg schlicht gehalten worden. Die Giebel der vierjochigen Saalkirche sind als Staffelgiebel ausgebildet, ebenso sind die Schaugiebel des Patronatsanbaus gestaffelt und mit Blenden gegliedert. Der Entwurf wurde 1876 im "Archiv für Kirchliche Baukunst" in Berlin veröffentlicht (Fundamente!) und dürfte in dem Bauboom nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als Vorlage gedient haben.
Anders als beispielsweise die neogotische Friedhofskapelle in Semlow von 1880/81 mit einer Vielzahl an verschiedenen Formziegeln kommt der gekonnt gestaltete Patronatsanbau mit nur vier Formziegelarten aus.
Von Seiten der Kirchgemeinde wird der Erhalt und die Nutzung des Anbaus angestrebt. Es wurde die Überlegung angestellt, eine Zwischendecke einzuziehen und im Obergeschoß einen größeren Raum für Versammlungszwecke einzurichten.
Mit dieser Vorgabe entstanden die Nutzungsüberlegungen, die in dem anliegenden Entwurf zusammengefaßt sind.
Vordringlich notwendig ist die Sicherung, vorzugsweise unter Berücksichtigung der Nutzungsabsicht. Es erscheint wenig sinnvoll, ein Notdach zu improvisieren, das den komplizierten Bauformen und Anschlüssen nur schwerlich anzupassen wäre, zumal verläßliche Auflager fehlen! Es er- scheint ratsam, über eine Beantragung von Zuschüssen, vorzugsweise aus dem "Dach und Fach"-Programm des Bundes und Landes für ein bleibendes Dach ebenso zu sorgen, wie für eine aussteifende Zwischendecke, Treppe, die Reparatur des Mauerwerks und Schließung der Fenster und Türöffnungen.
Die Kirche von Süden. Die ungünstige Dachentwässerung des Turmes und das schlechte Ziegelmaterial haben zu Schäden am Turmmauerwerk geführt. Bereits innerhalb von 15 Jahren nach dem Bau traten die ersten Mauerwerkschäden auf. Die Kupferdeckung des darunter liegenden originalen gemauerten Turmdaches wurde 1926/27 zur Verbesserung der Situation aufgebracht. Der dachlose verfallende Patronatsanbau am 30.08.2002.
Westseite des Anbaus mit bröckelnder Mauerkrone und Abriß der Verzahnung mit dem Stützpfeiler. Oben die beiden Firstpfetten der Satteldächer. Im Fall des Durchrottens der bereits stark geschädigten Balken ist beim Herabfallen mit Mauerwerkschäden an Kirche und Giebeln zu rechnen.
Westlicher Eingang. Der Rahmen der Eingangstür, beide Türblätter sind in der Kirche eingelagert, ist auf der Innenseite erhalten. Schäden an Giebelabdeckungen, Mauerwerk, Verglasung und Verfugung.
Östlicher Eingang. Die Ecke liegt etwa 6cm tiefer als an den restlichen Sockelabschnitten der Südseite des gesamten Kirchengebäudes. Die Schwelle ist lose. Links die Mauernut, in der die Dachentwässerung früher verlief.
Ostseite. Abriß vom Stützpfeiler wie im Westen, ebenso die verfallende Mauerkrone. Zusätzlich Mauerwerkschäden am Gesims der oberen Blendgliederung.
Innenansicht der Giebel von Nordwest. Putzreste und der frühere Dachanschluß sind gut erkennbar, ebenso die Löcher der Mauerwerkseinbindungen der abgängigen Fußpfetten.
Dachanschlußspuren an der Kirchenschiffmauer, im Vordergrund die Krone der Mittelmauer mit loser Ziegellage. Im Hintergrund zugemauerter Durchgang zur früheren Patronatsloge.
Im Gutachten folgen an dieser Stelle Ablichtungen der Ansichtszeichnungen und Schnitte des Architekten Haselberg. Diese sind nur unter großen Schwierigkeiten in ansprechender Qualität im Internet wiedergebbar. Wer sich für diese Zeichnungen interessiert, kann sie gerne im Pfarramt einsehen.
Die Höhe einer einzuziehenden Zwischendecke richtet sich bei den einwärts öffnenden Türen nach deren Oberkante. Setzt man die Deckenunterkante mit der Leibungsbogenspitze gleich und nimmt 20cm Deckenstärke an, dann erhalten die Fensterbrüstungen im oberen Raum eine Höhe von 78cm. Die Decke schneidet dann bereits die oberen Fenstefbögen der EGFenster in hinnehmbarem Maß. Gleichzeitig befindet sich die Decke auf der Höhe der früheren Treppenpodeste vor den Durchgängen zu der nicht mehr vorhandenen Patronatsempore. Als Material wird Beton empfohlen, weil durch die streifige Verbindung zum Mauerwerk eine gute Lastverteilung erreicht wird und das Mauerwerk in den Längsrichtungen stabilisiert wird. Die Nicht-Brennbarkeit ist gewährleistet, was für die Nutzung die Sicherheit erhöht. Da eine regelmäßige Nutzung mit sicherer Lüftung nicht gewährleistet ist und daher durchschnittlich höhere Luftfeuchten vorausgesehen werden können, sind alle Holzbaustoffe einem erhöhten Befallsrisiko durch Pilze ausgesetzt. Nichtsdestotrotz soll die Tragkonstruktion des Daches aus Holz hergestellt werden.
Um im OG einen Raum über den gesamten Gebäudegrundriß zu erhalten, ist die Mittelwand oberhalb der Decke abzutragen.
Bei Wiedererrichtung der alten Satteldachformen wäre eine ausreichende Deckenhöhe keinesfal gegeben. Setzt man diese mit 2,5m an, dann ist das Dach nur über eine Zangenkonstruktion der gezeigten Art entsprechend auszubilden. Zu den Seiten ergeben sich die alten Ansichten, im Mittelbereich ist ein Pultdach auszubilden, das mit 6o Gefälle vom Kirchenschiff wegleitet und mittels innen laufendem Fallrohr (nach DIN genügt für die Dachfläche bereits ein Durchmesser von 6cm) entwässert werden kann. Damit liegt die Dachflächenkante eben unter der niedrigsten Kante des Staffelgiebels. Im Falle einer Faltrohrverstopfung oder beim Anfall schwaltartiger Niederschläge ist damit ein überlauf gegeben. Der Mittelteil des Daches ist in Blech aus,zuführen, das mindestens 10cm an den aufgehenden Maueranschlüssen hochgeführt werden muß. Die etwa 47o geneigten Satteldachflächen können mit Dachziegeln oder ebenfalls mit Blech gedeckt werden. Dabei sind die Firstanschlüsse auf der Seite des Schiffes mit der Unterkante der Fenstersohlbänke zu berücksichtigen.
Der obere Raum wird nur durch die vier schmalen Fenster in der Fassade erhellt, was nicht ausreicht. Zusätzlich können die vermauerten Emporenzugänge geöffnet und zum Kirchenschiff hin verglast werden. Dachfenster auf den Innenseiten der steilen Dachflächen sind ebenfalls denkbar.
Für die Dachkonstruktion sind die Traufen-Mauerkronen durch Betonbalken gleichmäßig zu belasten. Außen sind die fehlenden Ziegelschichten als Verblender wieder aufzumauern.
Der Treppenaufgang zum OG hat eine Geschoßhöhe von 3m zu bewältigen. Bei der Wahl eines Steigungs-/Auftrittverhältnisses von 16,7/27,2cm ergeben sich 18 Steigungen. Zur Hebung der Bequemlichkeit ist in der Nordost-Ecke ein Zwischenpodest geplant. Die Betontreppe endet ebenso in einem Podest zum Raum, der abzüglich des Treppenlochs eine Grundfläche von rund 26m2 aufweist.
Im östlichen EG-Raum, der die Treppe aufnimmt, kann eine behindertengerechte Toilette mit 2,85m2 Fläche untergebracht werden. Daneben und unter dem Treppenlauf steht ein Abstell- und ggf. Heizraum zu Verfügung.
Der gesamte westliche EG-Raum von 14,8m2 Fläche kann durch eine Küchenzeile (z. B. gemauert, mit Flaschen-Gasherd) und einen großen Eßplatz genutzt werden. Die Nischen in der Mittelmauer können geschlossen und für die Leitungsführung (Dachentwässerung) genutzt werden.
In der Kirche ist ein Stromanschluß vorhanden, Wasser liegt auf dem Friedhof und eine Abwasserleitung wäre zu verlegen. Sollte für eine Heiz- oder besser Temperierungsanlage Gas als Energieträger in Erwägung gezogen werden, dann ist bei Vorhandensein des Erdgasnetzes im Dorf ein Gasanschluß zu schaffen.
Die Entwurfsskizzen, die zum Projekt gehören, sind, wie die oben erwähnten Architektenzeichnungen im Pfarramt einzusehen.