Rundgang durch die Kirche

Decke

Die Ausstattung wäre für eine evangelische Dorfkirche viel zu aufwendig. Wir befinden uns aber hier in einer Schloßkirche!
Die Gestaltung ist der letzten "Erneuerung" von 1878 zu verdanken. Dabei gelang es, die historische Ausstattung auf harmonische Weise mit Neuem, wie der prächtigen Kassettendecke zu verbinden.

Bemerkenswert auch die Ausmalung, die von Carl Julius Milde konzipiert worden ist. Die soll neoromanisch sein. Der ungebildete Normalchrist fragt sich: Wo befindet sich das Vorbild, romanische Malerei?
Leider kommen die zwar beschädigten, aber doch sehr dekorativen Fenster der Ostwand nicht zur Geltung, weil man direkt dahinter eine heute unbenutzte und durchaus entbehrliche Friedhofskapelle errichtet hat.

Altarfiguren

Bei den Figuren der Altarrückwand handelt es sich um wen? Bitte raten Sie! Die beiden mittleren Figuren sind hier mit einem Schaf bzw. Ähren zu sehen.


Kanzelfigur

Wer von den Vieren ist dies? Welchen Vieren? Einer der Apostel, Johannes, Petrus, Paulus oder Jacobus soll es sein, wie uns der Bericht von der Einweihung (vgl. die Zeittafel) belehrt.
Die Figur verrät nicht ihren Namen. Aber ansehnlich ist sie.

Genauer zu sehen ist sie hier: Lupe

Deckel

Taufsteindeckel, achteckig.
Es muß eine achteckige Taufe gegeben haben, für die 1595 von den Patronen ein kunstvoll verzierter Deckel gestiftet wurde. Das Bild zeigt ihn ungereinigt, freigewischt nur die Jahreszahl. Die Inschrift beginnt: "ANNO 1595 HATT CLAUS THUN VND ANNA VON ... Dazu passende Taufen stehen heute in Semlow und in Ahrenshagen.

Wappenscheibe

Zur Atmosphäre tragen wesentlich die bunten Fenster bei, welche nicht etwa biblische Geschichten, sondern ausschließlich Wappen der Patrone und der angeheirateten Familien zeigen.
Im Bild eines der gut erhaltenen Fenster, versehen mit dem Datum des 14. Dezember 1892 (anläßlich der Hochzeit?) und der Schriftleiste: "Leonhard Graf zu Stolberg Wernigerode u. Bertha Thekla Gräfin zu Solms Rödelheim"

Dichter ran? Bitte klicken, etwas Geduld ist vonnöten: Lupe

Der Tod persönlich

Unten in der Mitte, die Familie trennend, Freund Hein, Gevatter Tod, der Sensenmann. Es gab viele Namen für ihn, der hier ein bißchen steif und in kindlichen Proportionen dargestellt ist. Der Volksmund wußte um seine Unausweichlichkeit und die Namen belegen es: Man pflegte familiären Umgang mit ihm. Er war kein Feind, sondern der Freund, der seine Pflicht tut. Diesen Tod mußte man nicht "besiegen", denn seinerzeit nannte man sein Tun noch völlig unbefangen "Erlösung".
Er trägt ein Stundenglas; Symbol für das "Verrinnen" der Zeit. Ein Symbol nur, denn er pflegt zu sagen: "Dein letztes Stündlein hat geschlagen", Stundengläser schlagen nicht, das tun nur Turmuhren (und ungezogene Halbstarke). Moderne Uhren, die immer im Kreis laufen, oder ewig vor sich hinzählen, verbergen geradezu, daß Zeit unwiderruflich dahingeht und irgendwann - für mich - abgelaufen ist.
Unser Freund trägt eher als Zeichen, denn zur Benutzung die Hippe (Sense). Eine Sense mit so breitem Blatt kann nicht oft geschärft worden sein!
Die Vertrautheit mit dem Tode (neudeutsch: die Akzeptanz), die das beste Mittel gegen die Angst ist, ist uns verloren gegangen.

anbetende Frauen

Hier seine Ehefrau und die Töchter. Das Alter aller drei ist erkennbar, offenbar ist die zweite Tochter, weiß gekleidet und mit Palmwedel, schon gestorben.
Es ist ein frommes und tröstliches Bild, daß die Familie in Anbetung vereint ist; die Grenze zwischen Leben und Tod wird nicht verleugnet, ist aber bedeutungslos.

Zuversicht

Seine Souveränität beweist der unbekannte Künstler auch im Umgang mit der Bibel - an welcher Stelle? - wie im Handwerklichen (Schriftverteilung).

Lesehilfe:

HIOB * 19
ICH WEIS DAS MEIN ERLOESER CHRISTVS LEBET, UNDT EHR WIRDT MICH HERNACHMALS AVS DER ERDEN AVFWECKEN UNDT ICH WERDE DARNACH MIT DISSER MEINER HAVT ...

Wer den Text in Hiob 19,25 nachschlägt, wird sich wundern. Die obige Lesart stammt, bis auf ein entscheidendes Detail, von Luther.

Fenster

Blick auf eines der neogotischen Fenster. Die Ziegel sehen so neu aus, daß man annehmen muß, sie stammen, ebenso wie die Fenster, aus der Zeit des Umbaus, 1878. Allerdings ist die Kirche in ihrer Substanz unzweifelhaft gotisch.

Blick in Schiff und Chor

Die Schlemminer Kirche bietet, selbst wenn man den Kunstgeschmack vom Ende des vorletzten Jahrhunderts nicht teilt, einen sehr würdigen, aber auch heiteren Rahmen für Gottesdienste aller Art: Festliche wie schlichte gleichermaßen.
Wer's nicht glaubt, ist herzlich eingeladen, es auszuprobieren! (zum Gottesdienstplan hier klicken!)

© Pfarramt Ahrenshagen, Stand 16.05.2003
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